Vorstellungsgespräche sind ja schon so eine Sache. Nicht nur, dass Sie es zunächst einmal mit einer perfekten Bewerbung, in die Sie eine Menge Arbeit hineingesteckt haben, überhaupt durch die erste „Ausleserunde“ schaffen müssen, bevor an ein solches Gespräch zu denken ist. Nein, dann fängt der zuständige Personaler auch noch an, Sie danach zu fragen, warum Ihr Studium denn so lange gedauert habt oder warum Sie nach 5 Monaten bereits wieder Ihren Job wechseln möchten. Vielleicht möchte er auch wissen, welche Superkräfte Sie hätten, wenn Sie ein Superheld wären.
Der eine kann solche Fragen auf den ersten Blick befremdlich finden, der andere sogar unangemessen oder beleidigend. Doch daraufhin empört zu reagieren mit dem Hinweis, was dem Personalverantwortlichen denn einfalle und dass man auf solche Fragen keine Antwort geben werde oder könne, ist an dieser Stelle definitiv nicht zu empfehlen. Denn Personaler stellen solche sogenannten Stressfragen nicht ohne Grund.
Mit Stressfragen werden folgende Eigenschaften getestet
- Belastbarkeit
- Stressresistenz
- Spontaneität
- Kreativität
- Entscheidungsfähigkeit
- Umgang mit ungewohnten Situationen
Wie der Name bereits vermuten lässt, geht es Ihrem Gegenüber im Kern darum, bei Ihnen Stress auszulösen. Das tut er jedoch nicht, weil er Spaß daran hat oder Sie quälen möchte (sollte er zumindest nicht, Ausnahmen gibt es leider immer), sondern weil er herausfinden möchte, wie Sie unter Stress reagieren.
Denn heutzutage ist es in den allermeisten Berufen üblich, dass manche Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen und Lösungen gefunden werden müssen. Mit Stressfragen im Vorstellungsgespräch kann der Personaler herausfinden, ob Sie später im Beruf dazu in der Lage sind.
Oftmals sind Stressfragen in den Personalabteilungen dieses Landes ein beliebtes Mittel, um Sie als Bewerber aus der Reserve zu locken – sollten Sie den Eindruck erwecken, Sie würden nur vorformulierte und auswendig gelernte Phrasen herunterrattern. Schließlich möchte der Personaler herausfinden, wie der Mensch tickt, der vor ihm sitzt.
Und das gelingt am besten dann, wenn Bewerber sich ihre Antwort an Ort und Stelle überlegen müssen. Die erste Reaktion kann man nämlich in der Regel nur schwer fälschen. So testet der Personalverantwortliche darüber hinaus auch, wie kreativ und spontan Sie sind, was je nach angestrebter Stelle mehr oder weniger wichtig ist.
Beispiele für Stressfragen im Vorstellungsgespräch
- Welche Frage möchten Sie lieber nicht gestellt bekommen?
- Haben Sie schon einmal eine Regel gebrochen? Wenn ja, wann und warum?
- Was würden Sie tun, wenn Sie im Lotto gewinnen würden?
- Wie bewerten Sie meine Leistung als Interviewer?
- Was ist Ihre größte Schwäche?
- Was war Ihr größter Fehler und wie gehen Sie damit um?
- Was ist Ihnen wichtiger? Familie oder Beruf?
- Was machen Sie, wenn Sie Spaß haben wollen?
- Wie würden Sie sich mit einem Wort beschreiben?
- Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann?
- Was war Ihr größter Fehler in Ihrer letzten Anstellung? Wie sind Sie damit umgegangen?
- Was halten Sie von Überstunden?
- Warum haben Sie Ihren letzten Arbeitgeber verlassen?
- Warum sollten Sie bei uns länger bleiben, wenn Sie in den letzten Jahren so oft Ihren Arbeitgeber gewechselt haben?
Das ist nur eine kleine Auswahl an Fragen, die Sie erwarten könnten. Der Fantasie der Personaler ist dabei keine Grenzen gesetzt. Die Fragen, die wir aufgelistet haben, sind nach unserer Erfahrung aber verhältnismäßig häufig vertreten.
Tipp: Weitere Beispiele für Stressfragen finden Sie auf schuelerkarriere.de.
Wie sollten Sie nun auf solche Fragen reagieren?
Wie wir bereits erwähnt haben, sollten Sie diese niemals als einen persönlichen Angriff werten. Der Personaler möchte lediglich mehr über Sie herausfinden, ob Sie zum Unternehmen und zur Stelle passen und hinter die Fassade blicken, die Sie möglicherweise durch die Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch aufgebaut haben. Daher lautet die goldene Regel: Ruhe bewahren!
Es empfiehlt sich, nach einer gewissen Strategie vorzugehen, die wir Ihnen im Folgenden präsentieren möchten. Oftmals geht es den Personalern nicht darum, ob das, was Sie antworten, richtig ist, sondern wie Sie mit einer Stressfrage im Vorstellungsgespräch umgehen.
Ruhe bewahren
Sich nach einer unerwarteten Stressfrage nicht aus der Ruhe zu bringen lassen, ist jetzt das A und O. Natürlich, das ist leichter gesagt als getan. Wissen wir auch. Allerdings sollten Sie bedenken, dass eine hektische Antwort, eine schnippische Bemerkung oder ein offensichtliches Signalisieren von Hilflosigkeit genau das ist, was der Personaler von Ihnen nicht sehen möchte – auf diese Weise zeigen Sie schließlich nur, dass Sie stressigen Situationen nicht gewachsen sind.
Zeit lassen
Daher gilt es, sich zunächst einmal Zeit zu lassen und in Ruhe über eine Antwort nachzudenken. Das hat in zweierlei Hinsicht Vorteile. Zum einen zeigen Sie dem Personalverantwortlichen auf diese Weise, dass Sie gewissenhaft arbeiten und sich auf die Frage einlassen. Zum anderen haben Sie logischerweise mehr Zeit, sich eine ausgereifte und überzeugende Antwort zu überlegen, statt das Erstbeste, was Ihnen einfällt, herauszuposaunen. Wichtig: Selbstverständlich sollten Sie sich nicht mehrere Minuten Zeit lassen. Damit bezwecken Sie nur einen gegenteiligen Effekt.
Den Kern der Stressfrage erkennen
Eine Stressfrage besteht im Grunde genommen aus zwei Komponenten. Da hätten wir den eigentlichen Kern der Frage, also das, was man mit der Frage herausfinden möchte und den Teil, der den Stress auslösen soll. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, genau diesen Kern herauszufiltern und die Frage dahingehend zu beantworten. Alles andere sollten Sie im Idealfall ausblenden. Gehen Sie dabei immer auf Ihre Stärken ein und beziehen diese, wenn möglich, auf die angestrebte Stelle.
Mit Ihrer Antwort wollen Sie die Behauptungen und vermeintlichen Unterstellungen des Personalers entkräften. Daher sollten Sie nicht in einen rechtfertigenden Ton verfallen, fadenscheinige Ausreden zum Besten geben oder gar lügen. Tun Sie dies trotzdem, geben Sie Ihrem Gegenüber mit seiner Kritik Recht und bestätigen seine Vermutungen, die er indirekt mit seiner Stressfrage ausdrückt.
Alternativ: Der Frage ausweichen
Eine weitere Möglichkeit, mit Stressfragen umzugehen ist, sie schlichtweg nicht zu beantworten. Natürlich sollten Sie nicht plump einfach gar nichts sagen. Stattdessen bietet es sich an, zum Beispiel den Ball mit einer geschickten Gegenfrage à la „Ich glaube, das ist eine Fangfrage und Sie möchten mich etwas aufs Glatteis führen. Ich hätte da aber noch eine Frage, die mich besonders interessiert …“ zurückzuspielen.
Solch ein Vorgehen ist gewiss etwas riskanter. Manch ein Personaler wertet so eine Antwort als souverän und positiv, während ein anderer das nicht so sieht und diese Reaktion als negativ wertet. Vielleicht hakt er weiter nach, was ein weiteres Ausweichen stark erschwert.
Konkretes Vorgehen bei einer Stressfrage
Damit Sie sich besser vorstellen können, wie eine gute Antwort auf eine Stressfrage im Vorstellungsgespräch aussehen könnte, haben wir dies für Sie anhand einer Beispielfrage dargestellt.
„Ihre dritte Stelle in zwei Jahren? Sind Sie bei uns dann auch wieder so schnell weg?“
Das klingt zunächst recht harsch, oder? Das ist für Sie aber kein Problem, denn Sie erinnern sich an das Vorgehen bei Stressfragen und bewahren zunächst einmal die Ruhe. Sie behalten im Hinterkopf, dass Sie der Personalverantwortliche keineswegs persönlich angreifen möchte und besinnen sich darauf, sich Ihre Antwort reiflich zu überlegen. Um etwas Zeit zu gewinnen, wiederholen Sie beispielsweise die Frage, stellen also eine Rück- bzw. Gegenfrage. Übertreiben Sie es damit aber nicht. Erfahrene Personaler werden schnell merken, wenn Sie nur Zeit schinden möchten.
Sie zerlegen die Frage in Ihre Einzelteile. Dadurch ignorieren Sie den unterschwelligen Vorwurf, Sie seien sprunghaft und würden nicht lange bei Ihrem Arbeitgeber bleiben. Sie erkennen den Kern der Stressfrage, nämlich, warum Sie die angestrebte Stelle haben wollen und warum Sie dafür geeignet sind.
Da Sie wissen, dass Sie in Ihrer Antwort möglichst auf Ihre Qualifikationen und Stärken eingehen sollen, erklären Sie, warum Sie in dem Unternehmen arbeiten wollen, was es von Ihrer Mitarbeit hat und welche Fähigkeiten Sie dafür mitbringen. Sie gehen außerdem auf Ihre beruflichen Ziele ein und wie die Stelle Ihnen dabei helfen kann, diese zu verwirklichen. So zeichnen Sie ein stimmiges Bild Ihrer Berufslaufbahn und unterstreichen zudem, dass Sie eine langfristige Zusammenarbeit anstreben.
Sehen Sie? Es ist gar nicht so schwer, vermeintlich unangenehme Stressfragen im Vorstellungsgespräch zu meistern. Sie müssen nur wissen, was auf Sie zukommen kann.
Die wichtigsten Punkte noch einmal im Überblick
- Auf mögliche Stressfragen vorbereiten: Den Anfang haben Sie bereits mit dem Lesen dieses Artikels getan. Schauen Sie außerdem Ihren Lebenslauf durch und prüfen Sie, zu welchen Stellen unangenehme Nachfragen auftreten könnten.
- Ruhe bewahren und versuchen, nicht in Panik zu verfallen.
- Nicht persönlich angegriffen fühlen: Der Personaler möchte Sie nicht diffamieren, sondern mehr über Ihren Charakter erfahren und prüfen, wie Sie mit Stresssituationen umgehen.
- Den Kern der Stressfrage erkennen: Fangen Sie nicht an, sich zu rechtfertigen oder sich zu entschuldigen. Fokussieren Sie sich stattdessen auf das, was der Personaler eigentlich herausfinden möchte.
Ein abschließendes Wort: Sie wurden nicht umsonst zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Ihre Fähigkeiten und Qualifikationen haben das Unternehmen offensichtlich überzeugt. Ein Interesse ist also definitiv vorhanden. Machen Sie sich also nicht verrückt und nutzen Sie die Gelegenheit, sich als Person vorzustellen. Wir wünschen viel Erfolg!
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